Henrik Köncke wurde am gestrigen Samstag zum neuen HSV-Präsidenten gewählt. Bekannt war er bislang vor allem als ehemaliges Mitglied der aktiven Fanszene. Dabei steckt weitaus mehr in seiner Persönlichkeit.
Die Präsidentschaftswahl fiel letztlich eindeutig aus: 65,71 % der 1.187 noch anwesenden Mitglieder im Volksparkstadion entschieden sich zugunsten von Henrik Köncke. Der ehemalige Vorsänger der Ultra-Gruppe Poptown folgt damit auf Marcell Jansen, der freiwillig auf eine weitere Amtszeit verzichtete. In verschiedenen Medien, aber auch im HSV-Umfeld stellte sich die Frage, wonach in Zukunft die Ultras im Verein mehr Macht erhalten würden.
Köncke nahm diesen Vorstellungen bereits vor der Wahl den Wind aus den Segeln. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt stellte er klar, nicht ausschließlich auf seine Ultra-Vergangenheit reduziert werden zu wollen: „Ich habe gezeigt, dass ich weit mehr Blicke auf den HSV, als nur aus der Fankurve habe.“ Der neue Präsident gehörte nämlich bereits seit Februar 2023 dem Aufsichtsrat der AG an, erhielt dort viele Einblicke und lernte unterschiedlichste Sichtweisen kennen.
Für HSV-Präsidentenamt: Köncke will Arbeitszeit reduzieren
Im Rahm seiner Tätigkeit habe er im Aufsichtsrat nicht nur Fanbelange, sondern auch andere Perspektiven eingebracht. Diese kennt er auch aus seinem Arbeitsleben als Manager bei Hapag Lloyd. In Zukunft strebe Köncke dort ein Teilzeitmodell an, sodass er „ausreichend Kapazitäten“ für das neue Amt habe. Er sei damit fein, HSV-Interessen vor seine persönlichen Interessen zu stellen. Denn „ich habe mich bewusst entschieden zu kandidieren, mit all den Konsequenzen, die das für mein Leben hat.“
Die HSV-Präsidentschaft bedeutet einen enormen Zeitaufwand. Köncke vertritt aktuell 126.995 Mitglieder aus weit über 30 Abteilungen, wobei der Großteil dem Supporters Club angehört. Insgesamt treiben über 8.000 Sportler und Sportlerinnen aktiv Sport. Daher sei dem Jansen-Nachfolger klar, dass der HSV „mehr ist als nur Fußball“ und will ein „klares Sportkonzept“ etablieren.
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Zukünftig strebt er an mit noch mehr Mannschaften in den höchsten Ligen vertreten zu sein und auch mehr Athleten und Athletinnen als bei den Olympischen Spielen in Paris an den Start zu bringen. Dafür habe Köncke „klare Ideen im Kopf„. Insgesamt stellte der HSV mit Owen Ansah – dem deutschen Rekordhalter über die 100 Meter – sowie Manuel Mordi und Lucas Ansah-Peprah drei Olympia-Teilnehmer.
Eine besonders erfolgreiche HSV-Olympionikin ist Laura Ludwig. Sie gewann 2016 gemeinsam mit Kira Walkenhorst die Goldmedaille im Beachvolleyball und wurde mit über 90 Prozent der Stimmen zur Vize-Präsidenten gekürt. Ebenfalls als Vize-Präsident sowie Schatzmeister fungiert der wiedergewählte Michael Papenfuß. Köncke trat bei der Wahl bewusst als Einzelkandidat an und stellte sich kein Team zusammen. Er habe allerdings schon vorher mit Ludwig sowie dem ihm aus dem Aufsichtsrat schon bekannten Papenfuß gesprochen.
Köncke lehnt Vergleich mit Bernstein ab
Letztlich gehe es laut Köncke auch nicht um einzelne Teams oder politische Mehrheiten. „Es geht um den HSV“, betonte der die Heimspiele stets auf den Stehplätzen der Nordtribüne verfolgende neue Präsident. Mit Blick auf die mögliche Olympia-Bewerbung der Stadt Hamburg sowie einem drohenden Stadionwechsel bekannte er sich klar zum aktuellen Volksparkstadion als „Herz und Heimat des HSV, das so lange wie möglich erhalten bleiben sollte.“
Ohnehin müsse das Thema intern geklärt werden und der Verein sich nicht von außen bestimmen lassen. Sollte ein Referendum innerhalb der Stadt ein Votum pro Olympia 2036 oder 2040 ergeben, wird sich Köncke intensiv mit den Diskussionen rund um das Volksparkstadion auseinandersetzen müssen. Auch ansonsten warten viele weitere Aufgaben. Wichtig sei ihm, dass der HSV dabei mehr Haltung einnimmt, wie er das bereits beim Blutspendetag, dem Wintermarkt für Obdachlose oder beim Einsatz gegen Diskriminierung tat.
Bei Betrachtung der Geschichte von Köncke tauchen zwangsläufig Vergleiche mit dem Januar 2024 verstorbenen Ex-Hertha-Präsidenten Kay Bernstein auf. Diese lehnt der neue HSV-Präsident allerdings ab: „Kay hat seine ganz eigene Geschichte geschrieben. Er hat sehr, sehr Besonderes geschaffen. Ich möchte meine eigene Geschichte schreiben, losgelassen von Kay, den ich sehr, sehr geschätzt habe.“ Bernstein, der aus der Kurve in die Stadionloge wechselte, gelang es Mitglieder und Fans wieder mit ihrem Verein zu versöhnen. Dieser Herausforderung wird sich Köncke angesichts der aktuellen Euphorie beim HSV nicht stellen müssen.
(Foto: Imago)