Steffen Baumgart besitzt zum HSV eine besondere Verbindung. Sein sportliches Engagement verlief jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Mittlerweile arbeitet er für Union Berlin, dem nächsten Hamburger Gegner.
Dort übernahm Steffen Baumgart zu Beginn des laufenden Kalenderjahres. Dabei lief eigentlich noch sein Vertrag beim Hamburger SV. Allein dieser Fakt zeigt, dass während seiner Tätigkeit in der Hansestadt doch einiges falsch gelaufen ist. „Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen und auf die große Herausforderung. Es geht sofort los, ich werde direkt mit den Jungs arbeiten. Das Ziel ist klar, da müssen wir nicht drum herumreden: der Aufstieg“, betonte der heute 53-Jährige bei seiner Präsentation am 20.02.2024.
Baumgart übernahm von Tim Walter, dem letztlich der besondere Fokus auf Dominanz und die daraus resultierende mangelnde defensive Absicherung, woraus zwei 3:4-Heimniederlagen entstanden, zum Verhängnis wurden. Der neue Trainer zögerte nicht lange und versuchte direkt, seine eigenen auf einem intensiven Pressing basierenden Vorstellungen zu implementieren. Nach einem durchaus ansprechenden Auftaktspiel (1:0 gegen Elversberg) waren die Hoffnungen groß, die Bundesliga-Rückkehr zu schaffen.
Baumgart und der HSV finden nicht zusammen
Doch die meisten Auftritte im weiteren Saisonverlauf fielen wenig überzeugend aus. Der HSV leistete sich Totalausfälle wie in Düsseldorf (0:2), Paderborn (0:1) oder zuhause gegen Osnabrück (1:2). Zudem verlor er auch das wegweisende Heimspiel gegen den späteren Aufsteiger Kiel mit 0:1. Zwar wurde zumindest der Super-GAU in Form einer St. Pauli-Aufstiegsfeier im Volksparkstadion verhindert, doch am Ende langte es nach 20 Punkten aus zwölf Baumgart-Spielen nur zu Rang vier hinter dem Stadtrivalen, Kiel und Düsseldorf.
Schon in der Anfangsphase des Engagements bei seinem Herzensklub gelang es dem zuvor in Paderborn und Köln erfolgreich arbeitenden Coach nicht vollends, die sehr an Vorgänger Walter hängende Mannschaft auf seine Seite zu ziehen. Dennoch sprach der frisch verpflichtete Sportvorstand Stefan Kuntz ihm das Vertrauen für die folgende Spielzeit aus: „Ich habe mit Steffen gestern Abend und heute Morgen gesprochen. Er hat hier noch keine Vorbereitung absolviert, noch keine Transfer-Vorstellungen umsetzen können. Deswegen empfinde ich es nicht als HSV-like, jetzt den Trainer infrage zu stellen. Darum werden wir mit ihm weitermachen.“

Baumgart bekam acht Neuzugänge, darunter Wunschspieler Davie Selke. Das Spielsystem stellte er von 4-3-3 auf eine Dreier-/Fünferkette um, in der er nur schwer einen Platz für Jean-Luc Dompé fand und Miro Muheim als Innenverteidiger auflaufen ließ. Der Saisonstart fiel trotz der defensiven – vom Team wohl nicht sonderlich geschätzten – Spielweise durchaus vielversprechend aus. Der HSV verlor nur eine von neun Begegnungen, gewann beispielsweise in Köln (2:1) und überzeugte in den Topspielen gegen Düsseldorf (3:0) sowie Magdeburg (3:1).
Der anvisierte Punkteschnitt von zwei pro Partie war zu diesem Zeitpunkt erreicht. Beobachter wähnten dem HSV auf dem richtigen Weg. Doch danach ging es steil bergab. Nach üblen Auftritten setzte es Pleiten in Elversberg (2:4) und Braunschweig (1:3). Als ein 2:0-Vorsprung gegen ein schwaches Schalke verspielt wurde, stürzten die Hanseaten in der Tabelle auf Rang acht. Das vierte sieglose Spiel am Stück brachte Konsequenzen mit sich. Baumgart musste nach nur 279 Tagen seinen Posten räumen.
Wiedersehen am Sonntagabend
„Ich möchte mich bei Stefan Kuntz und auch Jonas Boldt für die Chance bedanken, bei meinem Lieblingsverein der Kindheit arbeiten zu dürfen. Es war eine spannende und sehr intensive Zeit. Ich bleibe dem Klub verbunden und wünsche dem HSV, dass man die Ziele erreicht“, so Baumgart in seiner Abschiedserklärung. Die Hamburger schafften unter Nachfolger Merlin Polzin, zuvor über vier Jahre als Assistent im Verein aktiv, tatsächlich den langersehnten Aufstieg.
Daher kommt es am heutigen Sonntag (19.30 Uhr, DAZN) zum direkten Duell, auf das sich Polzin sehr freut. „Steffen hat mich in dieser Zeit maximal unterstützt, auch deshalb bin ich für unsere gemeinsame Zusammenarbeit sehr dankbar“, so der heutige HSV-Coach unter der Woche. Baumgart wird allerdings nicht neben ihm an der Seitenlinie stehen. Er sah beim 4:3-Erfolg in Frankfurt die Rote Karte und wurde für ein Spiel gesperrt.
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Als Vertreter fungiert Co-Trainer Sebastian Bönig, der auf der Pressekonferenz mit Blick auf seinen Vorgesetzten sagte: „Natürlich ist es auch für ihn schade, weil es gegen sein ehemaliges Team geht, seinen ehemaligen Verein. Dass er persönlich nicht dabei sein kann, enttäuscht ihn am meisten. Von daher werden wir versuchen, das bestmögliche Ergebnis auch für ihn zu erreichen.“
Union Berlin liegt aktuell zwei Zähler vor dem HSV und geht favorisiert in die Begegnung hinein. Mit einem Sieg könnte schon frühzeitig ein Polster zum Tabellenkeller geschaffen werden. Der enorm ehrgeizige Baumgart wird das Geschehen aus der Distanz verfolgen und hoffen, trotz der weiter vorhandenen Verbundenheit zu seinem ehemaligen Arbeitgeber den bereits dritten Saisonsieg einzufahren.