Nach siebenjähriger Abstinenz kehrte der HSV in die Bundesliga zurück und fand sich im Verlaufe des letzten Halbjahrs immer besser zurecht.
Dabei schien sich der HSV als Gesamtkonstrukt aus Verantwortlichen, Mannschaft, aber auch Fans in den vergangenen Jahren mit der 2. Bundesliga zufrieden gegeben zu haben. Er spielte stets oben mit, es wurden weit mehr Spiele gewonnen als verloren, zwischenzeitlich blieb er sogar ein Jahr zuhause ungeschlagen und die Gegner – Schalke und Hertha statt Hoffenheim oder Augsburg – klangen auch wesentlich attraktiver als im Oberhaus. Das Volksparkstadion war in aller Regelmäßigkeit selbst gegen Sandhausen, Fürth oder Paderborn pickepackevoll.
Herrschte anfänglich noch Trauer oder großer Frust aufgrund der unnötig verpassten Aufstiege wurden sie mit zunehmender Zeit mehr oder weniger schulterzuckend zur Kenntnis genommen – garniert mit einer Aussagen wie „Dann halt nächstes Jahr“ oder noch schlimmer: „Zweite Liga macht eh mehr Spaß“. Selbst als der Super-GAU eintrat, indem Stadtrivale FC St. Pauli vorbeizog und in die Bundesliga aufstieg, während der HSV wieder einmal Rang vier einnahm, schien sich wenig an der grundsätzlichen Haltung zu ändern.
HSV-Aufstiegseuphorie drohte schnell zu verfallen
Neuer Schwung kehrte erst ein, als die Mannschaft Anfang 2025 unter Merlin Polzin teils brillierte und die Tabellenführung eroberte. Anfang April betrug der Vorsprung auf die nicht sonderlich überzeugende Konkurrenz schon sechs Punkte. Dann verfiel der HSV jedoch in alte Muster, verlor vermeintlich leichte Heimspiele gegen Braunschweig oder Karlsruhe. Es begann das große Zittern. Verein und Umfeld wollten nicht wieder als Lachnummer der gesamten Fußballnation dastehen.
Mit aller Kraft wurde das wegweisende Auswärtsspiel in Darmstadt überzeugend mit 4:0 gewonnen. Eine Woche später entstand die wohl beste jemals im Volksparkstadion vorhandene Atmosphäre. Der davon beflügelte HSV fegte Ulm mit 6:1 vom Platz und feierte im siebten Anlauf den Bundesliga-Aufstieg. Fans stürmten voller Freude den Platz und feierten mit der Mannschaft eine riesige Party. Sie hielt noch Wochen an und gipfelte im Rathausempfang mit anschließendem Truck-Umzug durch die Stadt, bei dem sich rund 80.000 Menschen auf die Straßen begaben.

Auch bei den Sponsoren hinterließ die Rückkehr ins Oberhaus Eindruck. Der sich zuvor distanzierende Milliardär Klaus-Michael Kühne sicherte sich umgehend die Namensrechte am Volksparkstadion und zahlt dafür rund vier Millionen Euro pro Saison. Zudem sicherte sich die Sparda-Bank 7,5 Prozent der Anteile an der AG & Co. KGaA und investierte dafür 30 Millionen Euro. Bewegungen, die zeigten, dass die Bezeichnung „schlafender Riese“ auf den HSV zutrifft.
Dennoch muss er nach siebenjähriger Abwesenheit im Vergleich zur Konkurrenz finanziell kleine Brötchen backen. Daher gestaltete sich die Kaderplanung zunächst schwierig. Trainer Polzin musste mit einer längst nicht kompletten Mannschaft die Vorbereitung absolvieren. Sämtliche Testspiele gegen starke Gegner gingen teils deutlich verloren. Im DFB-Pokal setzte es beinahe das Aus gegen Oberligist Pirmasens. Die Aufstiegseuphorie drohte schon vor Saisonbeginn zu verfliegen.
Im Volkspark reiht sich Höhepunkt an Höhepunkt
Das Szenario, der Bundesliga zwar schöne Bilder zu bescheren, aber auf dem Rasen nicht konkurrenzfähig zu sein und chancenlos wieder abzusteigen, galt als realistisch. Ähnlich erging es in der Saison 2022/23 dem danach zunächst tief im Zweitliga-Niemandsland versunkenden FC Schalke 04. So standen nach äußerst ernüchternden Auftritt im chancenlos verlorenen Stadtduell gegen St. Pauli (0:2) die Thesen im Raum, dass der HSV mittlerweile halt nicht mehr als nur noch ein guter Zweitligist wäre und sich mit dem Aufstieg keinen Gefallen getan habe.
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Sportvorstand Stefan Kuntz und sein enger Vertrauter Claus Costa leisteten währenddessen im Hintergrund harte Arbeit und verstärkten den Kader kurz vor Schließung des Transferfensters mit Luka Vuskovic, Albert Sambi Lokonga und Fábio Vieira – Namen, die nun wahrlich kein gewöhnlicher Aufsteiger bekommt. Das Trio half dem HSV direkt weiter. Polzin stand nun eine Bundesliga-taugliche Mannschaft zur Verfügung, die vor allem in Heimspielen in der Lage war, jeden Gegner vor Probleme zu stellen.
So reihte sich im Volkspark ein besonderer Moment an den nächsten: Angefangen vom Königsdörffer-Last-Minute-Ausgleich gegen Dortmund über das 2:1-Siegtor in Unterzahl gegen Stuttgart bis hin zum Derbysieg über Werder Bremen (3:2). Den letzten Sieg vor heimischer Kulisse über den ungeliebten Rivalen gab es übrigens im April 2016. Eine ganze Generation an Fans durfte diese Glücksgefühle erstmals erleben. Gestandenere Anhänger erhielten derweil Entschädigung für viele Jahre voller Pleiten, Pech und Pannen.

Das 1:1 zum Jahresende gegen Eintracht Frankfurt fiel eher unter die Kategorie unspektakulär, unterstrich aber nochmals die positive Entwicklung. Der auf Rang 13 liegende HSV ist – abgesehen von den dürftigen Aufwärtsauftritten – auf so gut wie allen Ebenen in der Bundesliga angekommen, besitzt sehr gute Chancen auf den Klassenerhalt und bereitet seinen Fans regelmäßig Freude. Von daher lässt sich zweifellos feststellen: Der Aufstieg war das Beste, was dem Verein passieren konnte.
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