Am Deadline-Day schlug der HSV gleich doppelt auf dem Transfermarkt zu. Und das mit einer Vehemenz, die es selten zuvor gegeben hat.
Zwei Neuzugänge kamen vom FC Arsenal, dazu gestandene Profis und keine Nachwuchskräfte wie in vergangenen Tagen, als der HSV ebenfalls vermehrt bei einem anderen Londoner Klub zuschlug.
Mit Albert Sambi Lokonga und Fabio Vieira gelang den Rothosen auf dem ersten Blick ein zweifacher Transfercoup. Aber was zeichnet die Neuzugänge überhaupt aus und wie können sie das Spiel des Aufsteigers positiv beeinflussen?
Die HSV-Neuzugänge im Check
Albert Sambi Lokonga:
Lokonga spielte schon beim RSC Anderlecht frühzeitig mit viel Verantwortung, wurde vom damaligen Cheftrainer Vincent Kompany sogar zum Kapitän gemacht. Mit gerade einmal 21 Jahren.
Seine Stärken liegen vor allem im Spiel mit dem Ball. Insbesondere die saubere Technik in der Ballannahme und -verarbeitung fallen beim zweifachen belgischen Nationalspieler sofort auf. Zudem besitzt er ein variantenreiches Passspiel. Ob auf kurzer oder langer Distanz: Für Lokonga scheint es kein Problem zu sein, eine Konstanz an den Tag zu legen, die auf hohem Niveau meist nur schwierig umsetzbar ist.

Im eigenen Spielaufbau agiert er zumeist als tiefer Spielmacher. Lokonga lässt sich immer wieder fallen, um anspielbar zu sein. Für ihn wird es wichtig sein, viel in den eigenen Aufbau eingebunden zu werden, auch wenn er ein grundsolides Raumgefühl besitzt. So kann er auch mit eigenen Laufwegen Zonen und Passspuren für seine Mitspieler öffnen.
Was man vom 25-Jährigen nicht erwarten darf, sind Hochgeschwindigkeits-Sprints. Er wird sowohl im defensiven als auch im offensiven Umschalten seine Rolle finden müssen. Das gilt vor allem in der Bundesliga, wo viele Teams immer noch darauf ausgelegt sind, erst einmal kompakt zu stehen und Umschaltsituationen zu generieren. Zudem gilt es, seine hartnäckigen Probleme am Oberschenkel zu beobachten. Es ist möglich, dass bei Lokonga belastungssteuernde Maßnahmen nötig sein werden.
Fabio Vieira:
20 Torbeteiligungen in 27 Einsätzen: Allein diese Statistik ist bereits beeindruckend. Wenn man sich Vieiras Durchbruch-Saison beim FC Porto allerdings genauer anschaut, erkennt man sogar noch mehr: In 27 Einsätzen spielte er nur 1.342 Minuten, also nicht mal 15 komplette Spiele.
Völlig klar, dass eine solch produktive Spielzeit Begehrlichkeiten weckt. Trotzdem war es ein wenig überraschend, dass der FC Arsenal 2022 für satte 35 Millionen Euro zuschlug.
Der Gedanke der Gunners: Vieira begeistert mit vielen genialen Momenten im letzten Drittel. Er besitzt eine schnelle Auffassungsgabe, sieht die Lücken in der gegnerischen Defensivkette und kann innerhalb weniger Sekunden mit seinen Pässen weite Räume überbrücken. Immer wieder setzt der Portugiese seine Offensiv-Partner gefährlich in Szene.

Durch seinen niedrigen Körperschwerpunkt kann er sich bei der Ballannahme häufig schnell von seinem Gegenspieler lösen. Auf den ersten Metern besitzt er zudem einen soliden Antritt, auch wenn das Tempo nicht seine allergrößte Stärke ist.
Mit seinem starken linken Fuß sorgt Vieira sowohl per Flanke als auch per eigenem Abschluss aus dem rechten Halbraum für Gefahr. Zudem kann er durch seine technischen Fähigkeiten Situationen auf engem Raum häufig gut auflösen. Gerade gegen eng gestaffelte Gegner dürfte das zum wichtigen Faktor werden.
Womit sich Vieira auseinandersetzen muss, ist die Physis in der Bundesliga. In der portugiesischen Liga kommen Technik und Spielfreude sehr gut zur Geltung. Als es in die Premier League ging, hatte er durchaus Probleme mit der Geschwindigkeit und Körperlichkeit. Dieser Aspekt dürfte auch bei seiner HSV-Leihe über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Bekommen die Hanseaten Vieira freigespielt, sodass dieser mit freiem Fuß das Spiel aufziehen kann, wird er für geniale Momente sorgen. Nur in Manndeckung und beim Bespielen enger Räumen könnte es auf Dauer darauf hinauslaufen, dass der 25-Jährige bei zu viel Körperkontakt seiner Gegenspieler aus der Balance gerät und Ballverluste provoziert werden.
Nur die Raute – Alle News rund um den HSV
Wie beeinflussen sie das Spiel des HSV?
Mit Lokonga und Vieira erhält der HSV zwei Spielerprofile, die er bisher noch nicht im Kader hatte: Lokonga als tiefen Spielmacher im zentralen Mittelfeld, Fabio Vieira als beweglichen Offensivspieler, der vor allem für Chancenkreierung und Torgefahr sorgen soll.
Lokonga wird, sollte Merlin Polzin an seinen Positionierungen festhalten, aller Voraussicht nach den Startelf-Platz von Nicolai Remberg übernehmen. Der Kiel-Neuzugang diente im Stadtderby vornehmlich als erste Anspielstation für die Innenverteidiger. Dass ihm diese Rolle eher weniger liegt, war von Beginn an klar, musste aufgrund eines Mangels an Alternativen allerdings so umgesetzt werden.
Mit dem neuen Spielmacher erhält der HSV eine bisher nicht vorgefundene Spielstärke. Aus diesen tieferen Zonen im Aufbau heraus sollte der Belgier dazu in der Lage sein, den Aufbau frühzeitig an sich zu reißen – ob nun als alleiniger Sechser oder als Teil einer Doppelsechs vor den Innenverteidigern, um eine Überzahl herzustellen.
Vieira dürfte derweil die Position des rechten Flügelspielers übernehmen, da diese beim HSV ohnehin sehr zentral interpretiert wird. Im eigenen Ballbesitz wird er sich viel zwischen den Linien bewegen, könnte viel freier agieren als seine Nebenmänner. Analog zur Spielweise, die Emir Sahiti häufig an den Tag legt. Seine größten Stärken hat der Linksfuß passenderweise auf der rechten Spielfeldhälfte, da er dort winkelbedingt sowohl im Passspiel als auch im eigenen Abschluss gefährlich werden kann.
Fazit: Mit den beiden Neuzugängen vom FC Arsenal sind dem HSV zwei qualitativ hochwertige Neuverpflichtungen gelungen. Viel wichtiger für das eigene Spiel ist aber fast, dass beide Akteure auch von ihren Profilen sehr gut in die Spielanlage der Polzin-Elf passen.